Author(s):
|
Kulemann-Ossen, Sabina |
URL:
|
http://www.diss.fu-berlin.de/2004/133/ |
Format:
|
Book |
Publisher:
|
Freie Universität Berlin |
Publication City:
|
Berlin |
"Das Anliegen der Studie ist es, die Funktionen der Siedlungen am Unteren Habur aus der 1. Hälfte des 3. Jahrtausends v. Chr. umfassend zu analysieren. In der Einleitung (Kapitel 1) werden zunächst die Region und ihre Forschungsgeschichte kurz umrissen. In Anschluss daran wird der aktuelle Forschungsstand erörtert sowie die Zielsetzung und die Vorgehensweise der Arbeit dargelegt. Als Ausgangsbasis für die Interpretation der Siedlungen dienen die bislang weitestgehend unpublizierten Grabungsergebnisse von Tall Knedig (Kapitel 2). Die Rettungsgrabungen erbrachten insgesamt 14 Wohn- und Wirtschaftskomplexe, darunter mehrere Rundspeicher und ein �multicellular building�, das ebenfalls als Vorratsgebäude fungierte. In den Wohnhäusern wurden außer Lager- und Vorratsbereichen (z.B. Gruben, Vorratskammern, Vorratsgefäße) zahlreiche Installationen und Objekte freigelegt, die auf andere häusliche Tätigkeiten, wie Nahrungszubereitung, hinweisen (z.B. Feuerstellen, Tannure, Mahlsteine). Die ökonomische Analyse hat ergeben, dass der Großteil der Haushalte von Tall Knedig einen landwirtschaftlichen Hintergrund hatte, handwerkliche Aktivitäten wurden kaum festgestellt. Die Speicherkapazität der Haushalte war entweder ausreichend, um den Jahresbedarf der Bewohner an Getreide zu decken bzw. um leichte Überschüsse /Reserven für schlechte Jahre zu lagern. Drei Wohn- und Wirtschaftskomplexe besaßen eine Speicherkapazität, die weit über den eigenen Bedarf hinausging. Zugesetzte Eingänge sowie andere Indikatoren lassen darauf schließen, dass einige Bewohner von Tall Knedig ihre Gebäude nur saisonal nutzten. Die Siedlung war in der 1. Hälfte des 3. vorchristlichen Jahrtausends außerdem von einer massiven Umfassungsmauer umgeben. In Kapitel 3 werden die weiteren Ausgrabungen am Unteren Habur mit Nutzungsspuren aus dieser Zeitstufe untersucht. Insgesamt sind außer dem Tall Knedig zwölf Orte zu verzeichnen, die ebenfalls durch ausgedehnte Speicheranlagen gekennzeichnet sind. Allerdings wird postuliert, dass es sich bei einigen, der von den Ausgräbern als Vorratsbereiche angesprochenen architektonischen Einheiten, vermutlich vielmehr um Räume handelte, die Wohncharakter besaßen. Um die Siedlungen in einen genaueren zeitlichen Bezug zueinander zu setzen, wird in Kapitel 4 eine Regionalchronologie erarbeitet, nach der die 1. Hälfte des 3. Jahrtausends v. Chr. im Gebiet des Unteren Habur in drei chronologische Einheiten unterteilt werden kann. Darüber hinaus werden - sofern möglich - die städtischen Siedlungen angrenzender Regionen in dieses Schema eingehängt. Zusätzlich zu den bekannten Grabungsorten werden in Kapitel 5 die Siedlungshügel ausgewertet, die im Rahmen der Geländebegehung des Tübinger Atlas des Vorderen Orients am Unteren Habur dokumentiert wurden. Für neun weitere Orte im Flusstal kann anhand des Oberflächenmaterials eine Besiedlung in dem zu behandelnden Zeitraum angenommen werden. Für einige weitere Siedlungshügel liefert das Oberflächenmaterial nur vage Hinweise auf eine Nutzung in dieser Zeit. Die Größen aller untersuchten Siedlungen variieren zwischen 0, 25 und 6 Hektar. Es ergibt sich eine Einteilung in drei Größenkategorien: viele kleine Dörfer oder Weiler, ein großes Dorf (Tall Knedig), eine kleinstädtische Siedlung (Tall Bderi). Die meisten Siedlungen konzentrieren sich am nördlichen Flussabschnitt, im südlichen Flusstal finden sich nur einige wenige Orte in großen, aber regelmäßigen Abständen zueinander. Die Untersuchung der Siedlungen macht insgesamt deutlich, dass ihre Subsistenz auf Feldbau, Viehwirtschaft (mit nomadischer Komponente) und Jagd basierte. In diesem Zusammenhang sind auch die zahlreichen Vorratsvorrichtungen zu sehen, die als Ausdruck einer Subsistenzstrategie gewertet werden, die aufgrund der ökologischen Rahmenbedingungen mit dem Risiko umgehen musste, dass Missernten periodisch immer wieder auftreten konnten. Es existieren keine Anhaltspunkte dafür, dass die Siedlungen von weiter entfernt gelegenen urbanen Zentren kontrolliert wurden."
Permalink: |
http://etana.org/node/10706 |